Wenn du gerade deinen ersten Proxmox-Server aufgesetzt hast, stößt du schnell auf das Thema „Netzwerk“. Neben der klassischen IPv4-Adresse wird IPv6 immer wichtiger.

Aber keine Sorge, das ist kein Hexenwerk! Ich zeige dir heute, wie du deinen Server und deine virtuellen Maschinen (VMs) für IPv6 fit machst. Wir gehen das Ganze Schritt für Schritt und ganz ohne Fachchinesisch durch.

Was ist IPv6 und warum brauche ich das?

Stell dir IP-Adressen wie Telefonnummern für Geräte im Internet vor. Das alte System, IPv4, hat nur einen begrenzten Vorrat an Nummern, und die werden langsam knapp.

IPv6 ist die neue Generation. Es bietet eine fast unvorstellbare Menge an Adressen (genug für jede Kaffeemaschine auf dem Planeten). Für dich bedeutet das: Dein Server ist zukunftssicher und kann von überall auf der Welt modern und effizient erreicht werden. Viele Dienste, gerade im Cloud-Bereich, setzen IPv6 bereits voraus.

Bevor du startest: Die Voraussetzungen

Bevor wir in die Konsole springen, brauchen wir ein paar Informationen von deinem Server-Hoster (dem Anbieter, bei dem du deinen Server gemietet hast).

Du benötigst:

  • Dein IPv6-Subnetz (z.B. 2a01:4f8:123:4567::/64)
  • Das IPv6-Gateway (die „Ausfahrt“ deines Servers ins Internet)
  • SSH-Zugang zu deinem Proxmox-Server (z.B. per Terminal oder PuTTY)

Hast du alles? Super! Und ganz wichtig: Mach zur Sicherheit einen Snapshot oder ein Backup, falls etwas schiefgeht!

Das Herzstück: Die Proxmox Linux Bridge (vmbr0)

Das Wichtigste zuerst: Wir müssen verstehen, wie Proxmox das Netzwerk verteilt. Stell dir deinen physischen Netzwerkanschluss am Server (oft eth0 oder enp...) als die „Internet-Steckdose in der Wand“ vor.

Damit deine VMs und der Proxmox-Host selbst diese eine Steckdose nutzen können, schalten wir eine Art virtuelle Mehrfachsteckdose dazwischen. Diese „Mehrfachsteckdose“ nennt sich in Proxmox Linux Bridge und heißt standardmäßig vmbr0.

  • Das Internet-Kabel geht in die physische Karte (z.B. ens3).
  • Die physische Karte (ens3) wird in die Bridge (vmbr0) „gesteckt“.
  • Der Proxmox-Host und all deine VMs „stecken“ sich ebenfalls in die Bridge (vmbr0).

So bekommen alle über diesen einen Weg Internet. Wir müssen dieser Bridge (vmbr0) jetzt nur noch sagen, wie sie ihre IPv6-Adressen bekommen soll.

Schritt-für-Schritt: Die IPv6-Konfiguration

Jetzt geht es ans Eingemachte. Wir bearbeiten die zentrale Netzwerk-Konfigurationsdatei von Proxmox.

1. Finde deinen Gerätenamen (Device)

Als Erstes brauchen wir den „echten“ Namen deiner Netzwerkkarte. Der alte Befehl ifconfig ist oft nicht mehr installiert. Nutze stattdessen ip a, um dir alle Geräte anzeigen zu lassen.

# Zeigt dir alle Netzwerkschnittstellen an
ip a

Suche nach einem Eintrag, der nicht lo (Loopback) oder vmbr0 heißt und deine öffentliche IPv4-Adresse anzeigt. Der Name (z.B. ens3, eno1 oder eth0) ist das, was wir suchen. Notiere dir diesen Namen.

putty Konsolenfenster mit ifconfig geöffnet

2. Die Konfiguration anpassen

Die Konfigurationsdatei liegt unter /etc/network/interfaces. Wir öffnen sie mit dem Editor nano, der auf Proxmox-Systemen (Debian) standardmäßig dabei ist:

# Öffnet die Datei im Nano-Editor
nano /etc/network/interfaces

Dort siehst du wahrscheinlich schon deine IPv4-Konfiguration. Wir räumen auf und fügen die IPv6-Informationen hinzu. Deine Konfiguration sollte am Ende so ähnlich aussehen wie diese hier.

WICHTIG: Ersetze die Platzhalter (z.B. DEINE_SERVER_IP_V4 und ens3) durch deine echten Daten!

# Dies ist die /etc/network/interfaces Datei

auto lo
iface lo inet loopback

# Das ist dein physischer Netzwerkanschluss
# WICHTIG: Ersetze "ens3" durch deinen Gerätenamen aus Schritt 1!
iface ens3 inet manual
iface ens3 inet6 manual

# Das ist die "Mehrfachsteckdose" (Linux Bridge)
auto vmbr0
iface vmbr0 inet static
    # --- IPv4 Konfiguration ---
    address DEINE_SERVER_IP_V4/24
    gateway DEIN_GATEWAY_V4
    bridge_ports ens3
    bridge_stp off
    bridge_fd 0
    # Aktiviert das Weiterleiten von IPv4-Paketen
    post-up echo 1 > /proc/sys/net/ipv4/ip_forward

# --- IPv6 Konfiguration (wird hier ergänzt) ---
iface vmbr0 inet6 static
    address DEINE_SERVER_IP_V6/64
    gateway DEIN_GATEWAY_V6
    # Aktiviert das Weiterleiten von IPv6-Paketen
    post-up echo 1 > /proc/sys/net/ipv6/conf/all/forwarding

3. Was bedeuten die wichtigsten Zeilen?

  • iface ens3 inet manual: Wir sagen dem physischen Anschluss, er soll die IP-Verwaltung „manuell“ an die Bridge (vmbr0) abgeben.
  • iface vmbr0 inet6 static: Wir definieren, dass vmbr0 eine statische (feste) IPv6-Adresse bekommt.
  • address DEINE_SERVER_IP_V6/64: Hier trägst du deine erste IPv6-Adresse (meist die ::2 oder eine spezifische) aus deinem Subnetz ein. Die /64 ist die Subnetzgröße (gibt dein Hoster vor).
  • gateway DEIN_GATEWAY_V6: Hier kommt die IPv6-Adresse der „Ausfahrt“ rein.
  • post-up echo 1 > .../forwarding: Dieser Befehl ist extrem wichtig. Er erlaubt deinem Server, Anfragen von deinen VMs (die später auch IPv6 bekommen sollen) ins Internet weiterzuleiten. Ohne das haben deine VMs kein IPv6-Internet.

Änderungen übernehmen und testen

Wenn du die Datei in nano bearbeitet hast, speichere sie mit Strg + O (speichern) und verlasse den Editor mit Strg + X (schließen).

Jetzt müssen wir dem Server sagen, dass er seine Netzwerkeinstellungen neu laden soll.

Achtung: Wenn du hier einen Fehler gemacht hast (z.B. einen Tippfehler in der IP oder im Gerätenamen ens3), verlierst du die Verbindung zum Server! Arbeite am besten über die Notfall-Konsole deines Hosters, wenn du unsicher bist.

# Startet den Netzwerkdienst neu, um die Änderungen zu laden
service networking restart

Wenn du nach dem Befehl immer noch verbunden bist, hat schon mal das Wichtigste geklappt! Jetzt testen wir, ob der Server selbst IPv6 „spricht“:

# Wir pingen die IPv6-Adresse von Google.
# Die "-6" erzwingt die Nutzung von IPv6.
ping -6 google.com

Wenn du Antworten erhältst (z.B. 64 bytes from ...), war die Konfiguration erfolgreich. Herzlichen Glückwunsch!

Nächster Schritt: IPv6 in VMs und LXCs nutzen

Super, dein Proxmox-Host kann jetzt IPv6. Aber der eigentliche Gewinn ist, dass deine VMs und LXC Container das jetzt auch können!

Da wir das „Forwarding“ (Weiterleiten) aktiviert haben, lauscht dein Server auf IPv6-Anfragen von deinen VMs und leitet sie ins Internet. Du hast jetzt zwei Möglichkeiten, wenn du eine neue VM oder einen LXC erstellst:

  1. Statische Konfiguration (Empfohlen): Du gehst innerhalb deiner neuen VM (z.B. einer Ubuntu VM) in deren Netzwerkeinstellungen und trägst dort eine weitere IPv6-Adresse aus deinem Subnetz ein (z.B. ...::3/64). Als Gateway nutzt du die DEIN_GATEWAY_V6, die du auch auf dem Host genutzt hast.
  2. SLAAC (Automatisch): Oft reicht es schon, in der VM IPv6 auf „Automatisch (SLAAC)“ zu stellen. Die VM gibt sich dann selbst eine IPv6-Adresse aus deinem Subnetz.

Das ist das ganze Geheimnis! Du musst nichts an vmbr1 oder mit kompliziertem NAT machen, um deine VMs öffentlich per IPv6 erreichbar zu machen.

Fazit

Du hast es geschafft! Dein Proxmox-Host ist jetzt vollständig über IPv6 erreichbar und bereit für die Zukunft.

Die Einrichtung mag auf den ersten Blick kompliziert wirken, aber wir haben nur unserer virtuellen „Mehrfachsteckdose“ (vmbr0) gesagt, wo sie ihre IPv6-Nummer und ihre Ausfahrt (gateway) findet. Indem wir das vmbr1-Chaos weggelassen haben, ist die Konfiguration sauber und leicht zu warten.


Deine Meinung zählt!

Hattest du Probleme bei der Einrichtung? Oder hast du vielleicht einen Tipp für andere Anfänger, den ich hier vergessen habe? Schreib es in die Kommentare!

Wenn du dir noch mehr Guides zu Proxmox-Grundlagen wünschst (z.B. „Wie gebe ich meinen VMs jetzt IPv6?“), lass es uns wissen!

11 Antworten

  1. wie immer wird sehr vieles vorrausgesetzt,
    z.B. wo liegt die Netzwerkkonfigurations Datei … (wir im allgemeinen nur 1 oder 2 mal angefasst bei der Einrichtung und bei Änderungen … )
    ES WÄRE HILFREICH DEN NAMEN UND DEN PFAD mit anzugeben.

    d.h. bei einem Tutorial sollten alle wichtigen Dateien und Vorraussetzungen exakt benannt werden.
    ifconfig wird bei proxmox nicht automatisch installiert … da fehlen dann diese tools …
    Meine Meinung: diese Anleitung ist für Pro’s und nicht für Anfänger geeignet die viele Hintergründe erst erlernen müssen. (ansonsten prima 🙂 )

    1. Hallo Andreas 🙂
      Danke für dein Feedback. Ja ich werde nochmals alle Beiträge und auch schon bereits bestehende überarbeiten. Weil mein Ziel ist es immer diese einfach zu erklären und dabei versuche ich dies immer so leicht wie möglich. Ich werde mir diesbezüglich etwas einfallen lassen und bedanke mich für dein Feedback 🙂

      Liebe Grüße Jan

  2. Hallo, wenn ich mit dieser Konfiguration einen LXC mit ipv6 ausstatten möchte, muss nicht die vmbr1 auch ein ipv6 Netzwerk haben? Es steht ja dort nur ein ipv4 netzwerk drin. Oder muss mann nur im den Einstellungen des LXC die ipv6 einstellen? Aber was kommt da dann rein?
    Würde mich über Hinweise freuen.

    VG Hardy

    1. Hallo Hardy 🙂
      vmbr1 ist ein Optionales Privates Subnetz wo man per NAT seine Server innerhalb des Subnetzes verbinden kann via IPv4.
      vmbr0 ist für deinen Anschluss bei deinem Server Provider oder Heimnetz Fritzbox etc.
      inet6 ist für IPv6 Protokoll und da kommen alle IPv6 Informationen rein.
      inet ist IPv4 und dort bei z.B vmbr0 wo auch in diesem Falle IPv6 mit verfügbar ist, kann vmbr0 später für deinen Provider als Zugang und Bridge genutzt werden.
      Man kann auch IPv4 und IPv6 direkt im LXC Container beziehen, wähle vmbr0 und gebe die Informationen der Adressen im LXC Container ein.
      Auch beide Protokolle zu nutzen ist möglich in einem Container (Dual-Stack).

      Falls Du hilfe brauchst so melde dich gerne via Discord: rawnetworks (Einfach als Freund adden 🙂 ).
      Oder für eine kurze Terminabsprache per Email: privat@janhill.email

      Also um nochmal zu sagen: vmbr1 ist nur ein Optionales Privates Subnetz innerhalb des Servers um Container per NAT zu routen.
      Aber wie ich das so rauslese bei dir, brauchst du wahrscheinlich nur vmbr0 mit IPv6 direkt vom Host Provider bezogen 🙂

      Liebe Grüße Jan

      1. Klappt so leider nicht. Hier nochmal mein Ziel: Ich möchte,dass mein LXC ipv4 und ipv6 kann, weil ich dort einen mailcow-Server und Webseiten hosten möchte.
        Hier meine jetzige Konfig des interfaces:
        auto lo
        iface lo inet loopback

        iface ens3 inet manual

        iface ens3 inet6 manual

        auto vmbr0
        iface vmbr0 inet static
        address xxx.xxx.35.70/22
        gateway xxx.xxx.32.1
        bridge_ports ens3
        bridge_stp off
        bridge_fd 0

        post-up echo 1 > /proc/sys/net/ipv4/ip_forward

        auto vmbr0
        iface vmbr0 inet6 static
        address aaaa:bbbb:3:b04::/64
        gateway aaaa:bbbb:3::1
        bridge_ports ens3
        bridge_stp off
        bridge_fd 0

        post-up echo 1 > /proc/sys/net/ipv6/conf/all/forwarding

        up sysctl -p

        auto vmbr1
        #private sub network
        iface vmbr1 inet static
        address 10.10.10.1/24
        bridge-ports none
        bridge-stp off
        bridge-fd 0

        post-up iptables -t nat -A POSTROUTING -s ‚10.10.10.0/24‘ -o vmbr0 -j MASQUERADE
        post-down iptables -t nat -D POSTROUTING -s ‚10.10.10.0/24‘ -o vmbr0 -j MASQUERADE

        Wie müsste die aussehen, damit das klappt?

        Vielen Dank und VG Hardy

        1. Hallo Hardy 🙂

          Ich würde mir gerne das Problem einmal mit dir zusammen anschauen wollen.
          Hättest Du später Lust via Discord zu quatschen?: Nickname: rawnetworks

          Ich hatte gestern noch ins neue Jahr gefeiert und ich entschuldige mich diesbezüglich für meine erst spätere Antwort.

          Liebe Grüße Jan 🙂

  3. Hallo Jan,

    ist es möglich ein IPv6 Subnet auf die vmbr1 zu delegieren und auch im Anschluss zu routen, sodass inh. der VM / Container IPv6 zur Verfügung steht?

    Liebe Grüße!

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